Sollte man in Tabakaktien investieren? Neben der Frage nach einer auskömmlichen Rendite kommt man hier unmittelbar in ein moralisches Dilemma. Schließlich ist der Konsum von Tabakprodukten nachweislich schädlich für die Gesundheit und kostet unsere Volkwirtschaften Milliarden an Geldern. Ist es da also richtig, an den Gewinnen der Unternehmen, die hierfür verantwortlich sind zu partizipieren? Jeder Investor hat dazu seine ganz eigene Meinung und jeder muss diese Entscheidung für sich selbst treffen. Vorab: Ich selbst bin keine Raucher (war es auch nie), bin jedoch Anteilseigner bei mehreren dieser Firmen. In diesem Artikel soll es aber nicht um moralische Bedenken gehen, sodern rein um die Frage, ob ein Invest in diese Branche aus meiner Sicht Sinn macht oder das eigene Geld doch sprichwörtlich in Rauch aufgeht.
Die Beste Aktie der Welt
Beginnen wir mit der Frage nach der besten Aktie der Welt – welche könnte das wohl sein? Amazon, Apple oder Microsoft? Mitnichten! Betrachten wir den amerikanischen Index S&P 500 ist die mit Abstand beste Aktie die heutige Altria, früher bekannt unter dem Namen Philip Morris.
Philip Morris, die Firma die mit dem Malboro Man eine der weltweit bekanntesten Markensymbole erfand, benannte sich 2003 in Altria Group um. In der Folge wurde das internationale Geschäft abgespalten und als Philip Morris International an der Börse plaziert.
Bereits vor der Entstehung des S&P 500 im Jahr 1957 war Malboro die weltweit meistverkaufte Zigarettenmarke. Mit einem Investment in die alte Altria bei Gründung des S&P 500 im Jahr 1957 konnte man aus einem Dollar bis zum Jahr 2012 aus einem 1.000 Dollar Investment insgesamt knapp 20 Millionen Dollar machen. Die durchschnittliche jährliche Jahresperformance lag bei knapp 19,5 % und damit fast doppelt so hoch wie die des S&P 500 in der gleichen Zeit mit etwa 10,1 %.
Gleichzeitig wurde diese überragende Performance nicht erst seit Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, sondern bereits seit 1925 erreicht. Seit diesem Jahr werden die Gesamtrenditen von Einzelaktien in den USA errechnet. Von 1925 bis 2012 lag die Gesamtrendite der ehemaligen Philip Morris-Aktie bei etwa 17,7 %. Hätte Oma Frida im Jahr 1925 für 1.000 Dollar 40 Aktien des Unternehmens erworben, hätte sich der Betrag dieses Investment im Jahr 2012 auf über eine Milliarde Dollar summiert. Darüber hinaus wurde die Firma innerhalb dieser Zeit Eigentümer von zehn weiteren Unternehmen des ursprünglichen S&P 500, zu denen auch eine Reihe von Nahrungsmittelherstellern zählte.
Schön und gut wird der ein oder andere jetzt denken. Warum präsentiert er uns hier Zahlen, die im Jahr 2012 aufhören? Seitdem ist die Welt eine andere geworden. Doch ist sie das tatsächlich? Der Zeitraum hat ganz pragmatische Gründe: Mir liegen schlicht die Daten über diesen Zeitraum in gedruckter Form vor. Sie stammen aus dem Buch “Aktien für die Ewigkeit“* von Jeremy Siegel, einem meiner absoluten Favoriten-Bücher zum Thema Investieren. Ich wollte damit lediglich aufzeigen, was mit der teilweise verhassten Tabakindustrie für Renditen zu erzielen waren.
Sind diese Zeiten nun vorbei? Auch nach 2012 setzte die Altria-Aktie ihren Höhenflug fort, bis dieser im Jahr 2017 endete. Dies ist am Langfristchart der Aktie zu erkennen.
Kurstechnisch sind wir heute wieder auf dem oben aufgezeigten Niveau aus dem Jahr 2012. Nicht mit einberechnet sind hier allerdings die Dividenden und die sind bei Altria üppig.
Gehen wir nun aber weg vom Blick in die Geschichtsbücher und konzentrieren uns auf die heutige Zeit.
Die Tabakindustrie im Jahr 2020
Vor allem in den Industrieländern ist der Tabakkonsum seit Jahren rückläufig. Trotz allem gibt es auch innerhalb der EU einzelne Länder, in denen weiterhin etwa ein Drittel der Bevölkerung zum Glimmstengel greift.
Quelle: Statista.com
Global gesehen ist die Zahl der konsumierten Zigaretten sogar weiter steigend, wenn auch nicht mehr in gleichem Maße wie früher. Die Steigerung ist vor allem auf die Zunahme von Rauchern in aufstrebenden Nationen zurückzuführen (vor allem in den Regionen Asien und Afrika).
Der globale Konsum in Milliarden Zigaretten stellt sich wie folgt dar:
Quelle: Researchgate.net
In den Industrieländern ist der Konsum seit vielen Jahren rückläufig. Bisher konnte der Rückgang des Absatzes jedoch immer durch Preissteigerungen ausgeglichen werden. Das ist in den Entwicklungsländern nicht in gleichem Maße der Fall, da die Kaufkraft der Menschen hier wesentlich geringer ist.
Rechnet man den chinesischen Markt, der komplett über staatseigene Unternehmen versorgt wird ab, teilen sich die Big Four mehr oder weniger den weltweiten Markt auf. Altria, Imperial Brands, BAT und Philip Morris International haben etwa 80 % des weltweiten Zigarettenmarkts in der Hand. Nimmt man Japan Tobacco, die allerdings auch andere Sparten abdecken und zumindest teilweise in staatlicher Hand sind hinzu, dann deckt man fast den gesamten weltweiten Markt ab.
Nimmt man das reine Zigarettengeschäft, handelt es sich um eine Branche ohne große Innovationen mit nur wenig notwendigem Kapitaleinsatz. Die Unternehmen kaufen Tabakblätter ein oder produzieren diese selbst. Diese werden dann in der Produktion mit Zigarettenpapier und Filtern verarbeitet. Im Schnitt liegen die Produktionskosten einer Zigarette bei gerade mal etwa 2 Cent. Hinzu kommen dann noch Vertiebs- und Marketingkosten. Hier spielt den Big Four zusätzlich in die Hände, dass weltweit immer mehr Werbemaßnahmen verboten werden. So können diese ihre eigenen Kosten senken, während neue Spieler so gut wie keine Chance haben, in den Markt einzutreten.
Nun ist es jedoch nicht so, dass der tatsächlich gezahlte Ladenpreis in Gänze an die Hersteller fliesst. Vielmehr ist ein Großteil des Verkaufspreises den Steuern zuzurechnen. Die folgende Grafik zeigt, wie teuer das Rauchen in einzelnen Ländern ist.
Quelle: Statista.com
Die hohen Preise ergeben sich aus zwei Faktoren. Zum einen, wie beschrieben, aus den hohen Tabaksteuern und zum anderen aus den hohen Gewinnmargen der Tabakhersteller. Diese erreichen im reinen Tabakgeschäft bis zu 60 %.
Cashflow ist also bei allen Anbietern reichlich vorhanden. Trotzdem ist bei Betrachtung der Charts der Big Four auffällig, dass etwa im Jahr 2017 bei allen ein Abwärtstrend einsetzte, der bis heute anhält. Inzwischen sind bei allen vier sehr hohe Dividendenrenditen an der Tagesordnung. Im Folgenden soll auf alle vier Unternehmen eingegangen werden, da teilweise unterschiedliche Voraussetzungen vorliegen.
So bildeten, wie bereits angesprochen, Philip Morris und Altria vor 2008 ein Unternehmen. Altria verwaltet heute rein das US-Geschäft, Philip Morris die internationale Sparte außerhalb des USA. Beide Unternehmen sitzen weiterhin in den USA.
BAT und Imperial Brands hingegen haben ihren Hauptsitz beide in Großbritannien und sind weltweit aktiv.
Altria Group
Altria bedient rein den amerikanischen US-Markt. Wie oben angesprochen, sind die Raucherzahlen in den Industrieländern seit Jahren rückläufig. Hier bilden die USA keine Ausnahme. Das Hoch wurde bereits Ende der 1990er Jahre erreicht, seitdem sind die verkauften Einheiten rückläufig. Dieser Rückgang beträgt im Schnitt etwa 3 % jährlich.
Quelle: Statista.com
Betrachtet man hingegen die Gewinnentwicklung bzw. die Entwicklung des Free Cashflows des Unternehmens, ist ersichtlich, dass diese Rückgänge bisher problemlos durch Preiserhöhungen kompensiert werden konnten. Der Free Cashflow ist, wie in der Grafik des Aktienfinders ersichtlich ist, über den Zeitverlauf steigend.
Die Dividende ist durch den Free Cashflow gut gedeckt, die Auschüttungsquote liegt bei knapp unter 75 %. Bezüglich des fairen Werts ist erkennbar, dass die Aktie sowohl was den bereinigten Gewinn, als auch den Free Cashflow und die Dividende angeht, massiv unterbewertet ist. Dies liegt natürlich vor allem am Kursverlust des Unternehmens, der seit 2017 zu verzeichnen ist.
Doch woran liegt dieser Kursverlust? Wie immer ist Tatsache: Keiner weiß es, wir können lediglich Vermutungen anstellen. Fakt ist: Auch seit 2017 sind die Gewinne weiter steigend, die Margen sind in etwa auf gleichem Niveau und die Dividende wurde jedes Jahr weiter gesteigert, mittlerweile seit über 50 Jahren ohne Unterbrechung. Am Hoch im Jahr 2017 war die Aktie mit einem KGV von knapp 25 bewertet, mittlerweile ist dieses auf den Faktor 9 gesunken. Um die Pointe gleich vorwegzunehmen: Dieses Bild gleicht sich bei allen vier Unternehmen. Es scheint also kein unternehmensspezifisches Problem zu sein, sondern eines, dass den gesamten Sektor betrifft.
Das größte Risiko von Altria ist die Fokussierung auf das Amerika-Geschäft. Zwar können hier weiterhin die höchsten Margen erzielt werden, die Erschließung neuer Kunden ist allerdings ungleich schwieriger. Hinzu kommt, das in den USA immer latent vorhandene Risko von Verboten durch die Lebensmittel- und Arzneimittelüberwachungsbehörde FDA oder Kosten durch Klagewellen.
Neben dem Tabakgeschäft macht Altria 3 % seiner Umsätze mit Weinbau. Daneben hält das Unternehmen eine Beteiligung von 10 % an der weltgrößten Brauerei AbInBev.
Imperial Brands
Das Unternehmen ist das kleinste der Big Four und verfügt gleichzeitig über das “unbekannteste” Portfolio. Bekannteste Marken dürften West und Gauloises sein. Auch hier zeigt sich das gleiche Bild. Free Cashflow und Dividende sind viele Jahre gestiegen. Im Frühjahr 2020 gab das Unternehmen allerdings bekannt, die Dividende um ein Drittel zu kürzen. Dazu unten mehr.
Der Faire Wert zeigt auch hier eine Unterbewertung der Aktie sowohl auf Basis des Gewinns, des Free Cashflow und auch der Dividende an. Diese Unterbewertung liegt auch nach der Dividendenkürzung um 33 % vor. Hier zeigt sich, wie stark der Kurs nach dem Peak in den Jahren 2016/2017 gefallen ist.
Die im Frühjahr verkündete Dividendenkürzung wurde vom Markt teils mit Verwunderung aufgenommen. Statt 2,07 GBP werden künftig nur noch knapp 1,38 GBP ausgezahlt. Als Begründung nannte das Management eine geplante Verringerung des Schuldenniveaus. Dieses solle auf auf den Faktor 2 des EBITDA gesenkt werden. Momentan liegt dieser bei etwa 2,8. Durch eine Einnahme von einer Milliarde Pfund durch den Verkauf der Zigarrensparte sowie gemessen am jährlichen Free Cashflow sollte dieses Ziel in etwa 3-4 Jahren erreicht werden können. Ohne Dividendenkürzung hätte sich dieser Zeitraum deutlich verlängert. Nach Rückführung der Schulden ist die Wiederaufnahme der Dividendensteigerungen geplant.
Fakt ist: Die Dividendensenkung macht aus Sicht des Schuldenabbaus Sinn, sie hätte jedoch auch weiter aus dem Free Cashflow gezahlt werden können. Insofern kann ich persönlich damit leben, da mein Investmentcase weiterhin intakt ist.
British American Tobacco
Auch hier das gleiche Bild. Ein steigender Free Cashflow bei gleichzeitiger Steigerung der Dividende. Der Sprung von 2017 auf 2018 lässt sich durch die Übernahme des Mitbewerbers Reynolds erklären. BAT kaufte 57,8 % der Anteile der Firma für insgesamt 49,4 Milliarden Dollar. Dies führte zum einen natürlich zu einem gewaltigen Sprung bei den Einnahmen, auf der anderen Seite stieg die Verschuldung stark an. Im Vergleich der Big Four hat BAT den höchsten Schuldenberg zu tragen.
Wie bei Imperial Brands und Altria ist auch bei BAT seit dem Jahr 2017 ein sinkendes Kursniveau zu verzeichnen. Die Aktie ist nach allen Bewertungskriterien unterbewertet.
Philip Morris
Die Historie von Philip Morris International reicht nicht so lange zurück, da das Unternehmen wie oben besprochen aus einer Ausgliederung vom Mutterkonzern Altria entstand. Nichtsdedotrotz auch bei PM das gleiche Bild, wenn auch mit einem Rücksetzer ab dem Jahr 2014. Der Free Cashflow steigt, die Dividende ebenfalls.
Auch bei Philip Morris liegt eine Unterberwertung nach allen drei Kriterien vor, der Abstand von Kurs zu Fairem Wert ist von allen vier Titeln jedoch der gerinste. Entsprechend weist PM auch die geringste Dividendenrendite aller vier Unternehmen auf.
Philip Morris ist in 180 Ländern weltweit aktiv. Der Umsatz pro verkaufte Verpackung ist vor allem in den Entwicklungsländern gering, hier besteht in Zukunfz voraussichtlich noch ein hohes Gewinnsteigerungspotenzial.
Was haben alle gemeinsam?
Wir konnten nun also feststellen, dass die sinkende Attraktivität der Aktien ein Problem des gesamten Sektors ist. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Spezifika und alle haben mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. Das alleine erklärt jedoch nicht, warum alle vier Titel fast gleichzeitig den kurstechnischen Rückwärtsgang eingelegt haben, nachdem es bin ins Jahr 2017 gut zu laufen schien. Was ist also passiert? Es gibt mehrere Faktoren, die für den momentanen Zustand verantwortlich sein könnten:
1. Wachsendes Gesundheitsbewusstsein
Eine Langfriststudie des Robert-Koch-Instituts zeigte im Jahr 2018, dass wesentlich weniger Menschen im jugendlichen Alter mit dem Rauchen beginnen, als das noch 10 Jahre zuvor der Fall war. Rauchen werde als uncool angesehen. Die Quote der jungen Raucher lag bei 7,2 % im Vergleich zu 21,4 % ein Jahrzehnt früher. Diese für Deutschland erhobenen Ergebnisse können zumindest in ähnlicher Weise auf einen Großteil der Industrieländer übertragen werden.
Nun ist dieses Ergebnis, wie oben gezeigt, für die Tabakbranche nichts neues. Durch ein aufkeimendes Gesundheitsbewusststein könnte es allerdings passieren, dass der Konsum wesentlich schneller zurückggeht als bisher prognostiziert. Derartige Unsicherheiten sind an der Börse Gift für Aktienkurse.
Ich persönlich glaube, dass das Thema Rauchen die Welt (leider) noch viele Jahre und Jahrzehnte beschäftigen wird. Gerade in vielen Teilen Asiens und Afrika steigt der Anteil an Rauchern weiter. Hier wird Rauchen als Statussymbol angesehen, welches das Zusammengehörigkeitsgefühl fördert. Mit steigendem Wohlstand werden die Konzerne dort auch höhere Preise durchsetzen und ihre Margen entsprechend erhöhen.
Eine Ausnahme ist allerdings Altria. Da das Unternehmen nur den US-Markt abdeckt, besteht ein größeres Risiko eines sich beschleunigenden Rückgangs des Absatzes.
2. regulatorische Maßnahmen
Im Zuge des steigenden Gesundheitsbewusstseins könnten sich einzelne Staaten gemüßigt sehen, die Regulierungen für den Konsum von Tabakprodukten zu verschärfen.
Hierfür steht der Politik ein breites Spektrum an Maßnahmenbündeln zur Verfügung:
- Initiierung von Rauchverboten (in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten heute Standard, in Teilen der USA bereits allgemein in der Öffentlichkeit)
- Einschränkung von Nikotinmengen in Tabakprodukten oder Verbot einzelner Produkte (z.B. Menthol-Zigaretten)
- allgemeine Werbeverbote (werden immer weiter ausgeweitet)
- weitere Steuererhöhungen, so dass sich die Menschen Tabakprodukte nicht mehr leisten können
Aus meiner Sicht wird es auch in Zukunft (vor allem in den Industrienationen) weitere Einschränkungen geben. Was das Thema Steuererhöhungen angeht, sehe ich jedoch einen Deckel nach oben. Zum einen sind die Tabaksteuern eine gute Einnahmequelle für die Staaten, zum anderen würden massive Steuererhöhungen wahrscheinlich für aufkeimende Schwarzmärkte sorgen. Man darf nicht vergessen, dass Tabak bzw. Nikotin süchtig macht und die Menschen sich dann anderweitig eindecken würden.
3. Entwicklung von E-Zigaretten und Vaporisierer
Sowohl Vaporisierer als auch E-Zigaretten werden in verschiedenen Teilen der Welt immer beliebter. Angeblich sind diese auch weniger gesundheitsschädlich als “normale” Zigaretten. Langzeitstudien liegen hierzu allerdings noch nicht vor.
Hierdurch könnte das Risiko bestehen, dass die Nachfrage nach ursprünglichen Zigaretten schneller nachlässt als gedacht. Hier sehe ich persönlich allerdings kein größeres Risiko, da die Big Four in diesen Bereichen ebenfalls investieren. Vielmehr ist es momentan so, dass beispielsweise Altria eine große Abschreibung auf ihre Beteilung an der Marke Juul vornehmen mussten. Imperial Brands konnte im vergangenen Halbjahr im Kerngeschäft einen Zuwachs verzeichnen, während das Geschäft mit E-Zigaretten leicht schrumpfte.
4. Hype um Cannabis
Im gleichen Maße, wie die Aktienkurse der Big Four ab 2017 den Sinkflug ansetzten, begann zum etwa gleichen Zeitpunkt der Aufstieg der Cannabis-Aktien. Beim Blick auch die Kurse von Branchengrößen wie Aurora Cannabis oder Canopy Growth ist erkennbar, dass diese ab 2017 merklich anzogen. Fundamental hinterlegt waren diese Anstiege nicht wirklich. In der Folge passierte dann das, was man an der Börse immer wieder beobachten kann. Der Hypewelle wurde eine Weile geritten, bevor Ernüchterung einsetzte. Die Kurse sind nun überwiegend wieder auf den Niveaus der Jahre 2017/2018 angekommen.
Ich bin skeptisch, was das Thema Cannabis angeht. Zwar gehe ich davon aus, dass der ein oder andere Player sich dauerhaft seinen Marktanteil erarbeiten wird, als Ersatz für Tabak sehe ich Cannabis allerdings nicht. Darüber hinaus ist der Konsum in vielen Ländern weiterhin verboten.
Sollte sich abzeichnen, dass durch Cannabis gwichtige Gewinne zu erzielen sind, werden sich die Big Four darüber hinaus im Markt engagieren. Altria hat sich bereits im Jahr 2018 in den kanadischen Produzenten Cronos eingekauft. Bis heute hat sich die Beteiligung allerdings nicht ausgezahlt. Vielmehr mussten auch hier Abschreibungen getätigt werden.
5. Die Börse spielt die Zukunft
Abschließend müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, dass wir als Investoren an der Börse tätig sind. Hier wird die Zukunft gespielt, die Vergangenheit spielt keine Rolle. Bis 2017 hat der Markt die Tabakkonzerne zu Allzeithochs getrieben, seitdem wird die Industrie als untergehende Branche angesehen. Hierfür verantwortlich dürften zumindest teilweise die oben genannten Punkte sein.
Ich glaube, dass irgendwann der Punkt gekommen sein wird, an dem soviel negatives bei den Aktien eingepreist sein wird, dass zumindest ein Teil der Unterbewertungen abgebaut wird. Ob es wieder zu alten Höhen reichen wird, weiß ich nicht. Was zumindest aber relativ sicher sein sollte sind die Dividenden.
Was mache ich?
Was mache ich persönlich nun mit diesen Erkenntnissen? Wer mein Depot genauer betrachtet, kann sehen, dass ein beträchtlicher Teil des Volumens in die drei Anbieter Altria, Imperial Brands und BAT angelegt ist. Ich rechne nicht mit Kursexplosionen, gehe aber wie schon gesagt davon aus, dass die Dividenden noch eine sehr lange Zeit weiter gezahlt werden. Für mich sind diese Unternehmen Cashflow-Maschinen.
Wer meine Strategie (Artikel findet ihr hier) kennt weiß, dass Cashflow für mich überaus wichtig ist. Hier bieten Investment in Tabakunternehmen eine schöne Möglichkeit, relativ sichere Dividenden zu erhalten. Natürlich kann es auch zu Kürzungen wie bei Imperial Brands kommen, die Argumentation des Managements erscheint mir allerdings schlüssig und geht deshalb für mich auch in Ordnung. Nach längerer Überlegung habe ich in den letzten Tagen hier nachgekauft. Meine Position in Altria habe ich ebenfalls aufgestockt, so dass diese nun meine Zielgröße im Depot erreicht hat. Hier erhalte ich künftig 2.000 Dollar Bruttodividende jährlich. Wie immer ist auch hier eine ausreichende Diversifikation des Portfolios notwendig.
Alle vier besprochenen Aktien sind bei der Consorsbank auch Sparplanfähig. Wenn ihr über den Empfehlungslink dort ein Konto eröffnet, erhaltet ihr 20 Euro Prämie für den ersten Sparplan.
Wie steht ihr zum Thema Tabakunternehmen? Ich bin sehr auf eure Meinung dazu gespannt und freue mich auf den Austausch in den Kommentaren.
Quelle der Grafiken und Bilder: Aktienfinder.net, Traderfox.de
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Schöner ausführlicher Artikel zur Tabakindustrie. Ich selbst bin bei Altria und auch bei BAT investiert und erhalte von beiden zusammen netto ca. 800 Euro an Dividenden pro Jahr. Ein schönes Sprichwort lautet: Totgesagte leben länger. Ich denke das passt bei diesem Wirtschaftszweig besonders. Gerade in letzter Zeit fällt mir vermehrt auf, dass auch wieder junge Menschen rauchen und das mit weniger Werbung!
Viele Grüße
Chris
Hi Chris,
das gleiche ist mir auch schon aufgefallen. Habe das Gefühl, bei der jüngeren Generation wird das Thema in Teilen wieder In.
Beste Grüße,
Ben
Sehr umfangreich aber gut zusammengetragen. In der Tat ein Phänomen, dass die Dividenrenditen konstant hoch sind, aber die Kurse teilweise stetig fallen. Bin gespannt, ob Investoren nach der Krise wieder verstärkt einsteigen. Obwohl gerade jetzt diese Unternehmen eher krisenresistent sind. Was denkst du?
Hi Dennis,
ich glaube irgendwo ist ein Deckel nach unten. Altria z.B. hat ein KGV von 9, das lag 2017 noch bei knapp 25. Klar hatten sie die letzten Jahre einige Fehltritte, aber für ein Unternehmen mit steigenden Umsätzen und Gewinnen erscheint mir die Bewertung mittlerweile sehr niedrig.
Grüße,
Ben
Ein sehr umfassender objektiver Artikel, vielen Dank!
Ich sehe es wie der Erst-Kommentar-Schreiber Chris: Totgesagte leben länger! BAT und Altria sind (neben AT&T) meine Ankerpositionen und Cash-Bringer im Depot, und das wird auch so bleiben.
Servus Gerry,
sehe ich genauso. Und AT&T ist bei mir auch dick im Depot vertreten.
Viele Grüße,
Ben
Hallo Ben,
danke für deine ausführliche Analyse. Ich bin auch gering in Altria und Imperial investiert und am überlegen, ob ich nachlegen sollte.
Ein Aspekt ist vielleicht noch, dass immer mehr Investoren ob nun auf ETF-Basis, Family Office oder klassische Vermögensverwaltung auf Nachhaltigkeit achten und deshalb Tabakaktien ausschließen. Dieses Angebot an Aktien könnte mit dazu geführt haben, dass ein permanenter Abgabedruck herrscht.
Viele Grüße,
Torsten
Hallo Torsten,
ja da ist auf jeden Fall was dran. Wenn die Institutionellen rausgehen, verheißt das in der Regel nichts gutes für die Kurse. Dafür werden die Kleinanleger dnn mit höheren Dividenden “belohnt”. Hat alles so seine Vor- und Nachteile.
Beste Grüße,
Ben
Servus Ben!
Ich bin über Instagram auf deine Story gestoßen, in der du den Kauf deiner Tabak-Aktien “gerechtfertigt” hast.
Aus Cashflow-Gesichtspunkten gibt es sich kaum ein Argument gegen Tabakaktien. Dennoch möchte ich hier mal meine Gedanken dazu teilen.
Grundsätzlich würden Tabak-Aktien als nichtzyklischer Konsumwert perfekt in mein Depot passen. Ich habe mich dennoch immer wieder dagegen entschieden, auch wenn die Dividenden zugegebenermaßen verlockend sind. Das hat mehrere Gründe.
1. Das Geschäftsmodell: Das Geschäftsmodell von Tabakaktien ist weltweit rückläufig. Zwar steigt die Anzahl konsumierter Zigaretten, die Anzahl der Tabaknutzer sinkt jedoch kontinuierlich. Alleine zwischen 2000 und 2018 haben rund 100.000.000 Menschen weniger weltweit Tabakprodukte konsumiert. Der weltweit zunehmende Gesundheitsfokus (der sich auch statistisch messen lässt), beschert der Tabakindustrie ein Sterben auf Raten.
2. Die Marktentwicklung: Seit Juni 2017 sind praktisch alle großen Tabakkonzerne in einem aktiven Abwärtstrend. Das sieht man nicht nur an der Kursentwicklung, sondern auch am Handelsvolumen. Die Zahl der durchschnittlich gehandelten Aktien aus dieser Branche sinkt kontinuierlich; die Anleger verlieren offenbar einfach das Interesse an diesen Aktien. Entsprechend möchte ich mich hier nicht gegen den Markt positionieren, da eine Trendwende beim Handelsvolumen und damit auch bei den Kursen nicht ersichtlich ist.
3. Die Dividendenpolitik: Auch wenn die Dividenden aus den Gewinnen immer steigen, weil auch die Gewinne kontinuierlich zunehmen: Das Geld wäre in der Erschließung neuer Geschäftsfelder wesentlich sinnvoller investiert. Gerade mit den hohen Margen und den gigantischen Geldbergen, auf denen die Tabakkonzerne sitzen, könnte man eine Vielzahl neuer Innovationen vorantreiben. Stattdessen werden die gleichen Fehler wie auch in der Ölindustrie gemacht: Man fokussiert sich zu lange zu sehr auf das Kerngeschäft, ohne die Zukunft ins Auge zu fassen. Und an der Börse wird nunmal die Zukunft gehandelt.
4. Bessere Alternativen: Wer zum Höchststand 2017 etwa in Altria investiert hat, der musste kurze Zeit sogar Verluste von fast 50 % erdulden. Im selben Zeitraum konnten andere Titel aus der Konsumsparte, etwa Church & Dwight, Nestle oder McDonald’s, hohe Kursgewinne verbuchen und das bei ebenfalls einer soliden Dividendenrendite. Die Tabaktitel schaffen es aktuell nicht, durch ihre Dividenden die mangelnde Kursperformance auszugleichen.
5. Die Bewertung: Die Fundamentalbewertung mag aktuell nach KGV, KBV, KCV und Dividendenrendite günstig aussehen. Tatsächlich kann man m.E. diese Bewertungsmethoden nur schwer für Tabakaktien heranziehen. Die Gewinne steigen vor allem auf Grund von Margen-Optimierungen. Sobald hier die Möglichkeiten ausgeschöpft sind, herrscht Stillstand. Die Akquise von Neukunden ist teuer, unterliegt regulatorischen Eingriffen und dürfte sich als äußerst schwierig gestalten.
6. Emerging Markets als Wachstumstreiber: Aktuell werden die Tigerstaaten und Entwicklungsländer als potentielle Märkte für die Tabakindustrie gehandelt. Dabei hat gerade Corona gezeigt, wie volatil diese Märkte sind und wie schwer sich diese Märkte mit ihre kleinen und schwachen Währungen tun. Sinkende Lokalwährungen führen dann zu noch weniger internationaler Kaufkraft und entsprechend werden Zigaretten unbezahlbar. Zumal Voraussagen über die Kaufkraft für Konsum durch Corona, politische Risiken und den Schwarzmarkt für Zigarren in Schwellenländern ohnehin schwierig zu treffen sein dürften.
Alles in allem sehe ich aktuell einfach keinen Investment Case in irgendeiner Form bei Tabakaktien. Ich wünsche dir natürlich nur das beste und steigende Kurse – vielleicht behalte ich ja nicht Recht und wir sehen bald wie ATHs 🙂
Liebe Grüße,
Dominik, BNF.de