Der neue Aktionärsbrief von Warren Buffett – kostenlose Schätze des Meisters

 

 

Warren Buffett managt seit dem Jahr 1964 die Investmentholding Berkshire Hathaway. Dabei erzielte er eine durchschnittliche jährliche Performance von unglaublichen 19,8 %. Der S&P 500 zum Vergleich erreichte im gleichen Zeitraum einen Durchschnitt von 9,9 %. In absoluten Zahlen klingt der Wert noch unglaublicher. Während der S&P seit 1964 um 24.708 % gestiegen ist, waren es bei Berkshire 3.787.464 %. Eine schier unvorstellbare Zahl, die mir persönlich immer wieder vor Augen führt, dass unser Gehirn nicht in der Lage ist exponentiell zu denken.

 

Nachdem ich die Aktie in früheren Jahren bereits im Depot und (leider) verkauft hatte, bin ich seit April 2022 wieder an Bord. Neben einem Einmalkauf läuft seit diesem Zeitpunkt ein monatlicher Sparplan auf die B-Aktie von Berkshire (was es mit den A- und B- Aktien auf sich hat, habe ich hier beschrieben). Meine Beweggründe zum Kauf der Aktie habe ich hier dargelegt.

 

 

Die jährliche Hauptversammlung von Berkshire Hathaway

Jährlich gib es für Aktionäre von Berkshire Hathaway zwei wichtige Termine. Zum einen ist das die in Omaha, dem Sitz von Berkshire und Wohnort Buffetts, stattfindende Aktionärsversammlung. Während sich in den 1980er Jahren lediglich mehrere Handvoll Aktionäre zum Jahrestreffen einfanden, ist die Hauptversammlung heute zu einem Mekka für Investoren geworden. Mehr als 35.000 Anteilseigner von Berkshire Hathaway lauschen mittlerweile live vor Ort den Weisheiten des CEO Warren Buffett und dessen Vizechef Charlie Munger. Der offizielle Teil der Hautptversammlungen ist in der Regel sehr kurz, danach beantworten Buffett und Munger stundenlang Fragen ihrer Aktionäre und der Journalisten.

 

Für die wenigsten von uns wird es nun möglich sein, für ein Aktionärsmeeting den Weg nach Omaha anzutreten. Die Versammlungen werden seit längerem aber auch per Livestream übertragen. Die HV aus 2022 wurde beispielsweise bei CNBC ausgestrahlt und kann hier in der Aufzeichnung angeschaut werden. Das Video geht schlappe 6:10 Stunden. Ich persönlich tue mir ehrlich gesagt ziemlich schwer, dem Verlauf der Sitzung zu folgen. Klar, mein Englisch könnte besser sein. Allerdings musste ich in meinem Studium der Politikwissenschaft einen Großteil der Lektüre in englischer Sprache konsumieren und irgendwie habe ich das Studium geschafft. Wenn ich allerdings studenlang Buffett und Munger zuhöre verstehe ich oftmals nur noch Bahnhof. Das kann aber mitunter auch an der Aussprache der beiden liegen. Immerhin ist Charlie Munger 99, Buffett ist 92 Jahre alt.

 

Glücklicherweise gibt es hier aber ein interessantes Buch von Daniel Pecaut und Corey Wrenn, das auch auf Deutsch* erschienen ist. Um was geht es? Die Autoren lassen uns teilhaben an den Aussagen von Buffett und Munger aus 20 aufeinander folgenden Aktionärsversammlungen. Die Autoren haben also in Fleißarbeit mitgeschrieben und daraus ein Buch gemacht? Könnte man so sehen. Fakt ist aber, dass beide Autoren aus der Investmentbranche kommen und ihr Handwerk verstehen. Wrenn war zu Beginn seiner Karriere unter anderem bei Berkshire Hathaway beschäftigt. Der Mehrwert besteht darin, die Essenzen aus den einzelnen Jahren in aufbereiteter Form serviert zu bekommen. Man erfährt im Buch interessante Dinge, z.B. dass Munger und Buffett schon Jahre vor der Finanzkrise vor dieser gewarnt hatten.

 

 

 

 

Die Aktionärsbriefe von Warren Buffett

Der zweite wichtige Termin neben der Hauptversammlung ist der jährlich veröffentlichte Brief von Warren Buffett an die Aktionäre von Berkshire Hathaway. Dieser erscheint traditionell Ende Februar und muss viel eher als Essay, den als “profaner” Aktionärsbrief angesehen werden. Immer wieder kommt hier seine Botschaft zum Ausdruck – dass Investmententscheidungen auf Grundlage der Fundamentalanalyse getroffen werden sollen. Buffett sieht sich bei Berkshire nicht als allmächtiger CEO, sondern gemeinsam mit Charlie Munger als Partner der Anteilseigner des Unternehmens. Diese Einstellung, die nicht nur bloßer Management-Sprech, sondern die tiefste Überzeugung Buffetts darstellt, kann aus jedem der Briefe herausgelesen werden.

 

In den Briefen werden in einfacher Sprache allgemeingültige Weisheiten zum besten gegeben, die sich nicht unbedingt an aktuellen Themen abarbeiten. Vielmehr gibt es Anregungen zu den Themen Unternehmensführung, zur Bewertung von Unternehmen oder der korrekten Rechnungslegung (und auf der anderen Seite Betrügereien die Buffett zutiefst verabscheut). Daneben werden Fragen zu Investitionen und deren Finanzierung und alternative Investment beleuchtet. So halten sowohl Buffett, als auch Munger beispielsweise nicht hinter dem Berg mit ihrer Meinung zum Thema Krytowährungen. So bezeichnete Buffett den Bitcoin im Jahr 2018 als “Rattengift hoch zwei“. Im vergangenen Jahr machte er nochmals deutlich, wass er von der Kryptowährung hält: “Wenn Sie mir sagen würden, dass Sie alle Bitcoins der Welt besitzen, und diese mir für 25 Dollar anbieten würden, so würde ich sie nicht nehmen.” In seinen Briefen geht Buffett auch auf andere Assets wie Derivate, Junkbonds oder Nullzinsanleihen ein.

 

Die Briefe sind bis zurück ins Jahr ins Jahr 1977 auf der Homepage von Berkshire Hathaway abrufbar. Einen kurzen Besuch der Unternehmensseite kann ich auch ohne die Briefe nur jedem wärmstens ans Herz legen. Es ist fasznierend zu sehen, wie rudimentär die Homepage einer der weltweit größten Firmen der Welt daherkommt. So in etwa hat auch meine erste Page mit dem Netscape Communicator aus den 1990er Jahren ausgesehen.

 

 

 

Was ist aus dem aktuellen Brief für mich mitnehme

Der aktuelle Brief kommt mit zehn Seiten relativ schlank daher. Der Aktionärsbrief aus 2014 umfasste beispielsweise über 40 Seiten. Allerdings kann man auch sagen, dass in der Kürze die Würze liegt. Buffett schafft es auf wenig Raum viel zu sagen.

 

Buffett verwies wie so oft auch in diesem Jahr darauf, dass das Geheimnis von Berkshire in langfristigem Denken und auf der Fokussierung der Anlagestrategie beruht. Im speziellen ging er auf die Investments in American Express und Coca-Cola ein. Der Großteil der Positionen wurde in der Mitte der 1990er Jahre etabliert. Berkshire gab hier jeweils etwa 1,3 Milliarden Dollar aus. Zusammen genommen bringen diese beiden Aktienpositionen dem Unternehmen jährlich eine Milliarde Dollar an Dividenden ein. In jedem Jahr fließen also knapp 40 % des ursprünglichen Investments zurück an Berkshire. Buffett weist darauf hin, dass dies zwar erfreulich sein, über einen langen Zeitraum aber alles andere als spektakulär.

 

These dividend gains, though pleasing, are far from spectacular. But they bring with them important gains in stock prices. At yearend, our Coke investment was valued at $25 billion while Amex was recorded at $22 billion. Each holding now accounts for roughly 5% of Berkshire’s net worth, akin to its weighting long ago. Assume, for a moment, I had made a similarly-sized investment mistake in the 1990s, one that flat-lined and simply retained its $1.3 billion value in 2022. (An example would be a high-grade 30-year bond.) That disappointing investment would now represent an insignificant 0.3% of Berkshire’s net worth and would be delivering to us an unchanged $80 million or so of annual income.

Quelle: Aktionärsbrief 2022

 

Garniert wird diese Aussage mit einem Bildnis. Die Lektion sei, dass Unkraut in dem Maße verwelkt, wie die Blumen blühen. Ein paar Gewinner reichen aus um ein Wunder zu bewirken. Am Besten funktioniert das natürlich, wenn man früh anfängt und sehr alt wird.

 

The lesson for investors: The weeds wither away in significance as the flowers bloom. Over time, it takes just a few winners to work wonders. And, yes, it helps to start early and live into your 90s as well.

Quelle: Aktionärsbrief 2022

 

Wie so häufig betont Buffett, dass der dauernde Blick auf Aktienkurse nicht hilfreich ist. Vielmehr ist das Geschäftsmodell einer Firma von Belang. Aktien sind Unternehmensbeteiligungen und als solches muss man sie auch ansehen.

 

Our goal in [both] forms of ownership is to make meaningful investments in businesses with both long-lasting favorable economic characteristics and trustworthy managers. Please note particularly that we own publicly-traded stocks based on our expectations about their long-term business performance, not because we view them as vehicles for adroit purchases and sales. That point is crucial: Charlie and I are not stock-pickers; we are business-pickers.

Quelle: Aktionärsbrief 2022

 

Ein dritter Klassiker findet sich ebenfalls im Brief. Er weist darauf hin, dass Märkte seiner Ansicht nach nicht effizient sind. Damit stellt er sich entschieden gegen die Anhänger der Markteffizienzhypothese, die vor allem durch Eugene Fama berühmt wurde und der 2013 mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet wurde. Im Kern besagt die Hypothese, dass Marktpreise zu jeder Zeit alle verfügbaren Informationen widerspiegeln. Im Ergebnis bedeutet dies in der radikalen Auslegung, dass kein Marktteilnehmer in der Lage ist eben jenen zu schlagen, außer durch Glück oder illegales Insiderwissen. Buffett benutzt hier die Bezeichnung “truly foolish prices”, was im Zusammenhang wohl “wirklich dumme Preise” bedeutet. Eine für ihn sehr deutliche Aussage. Effiziente Märkte gebe es nur in Lehrbüchern.

 

One advantage of our publicly-traded segment is that – episodically – it becomes easy to buy pieces of wonderful businesses at wonderful prices. It’s crucial to understand that stocks often trade at truly foolish prices, both high and low. “Efficient” markets exist only in textbooks. In truth, marketable stocks and bonds are baffling, their behavior usually understandable only in retrospect.

Quelle: Aktionärsbrief 2022

 

 

 

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Alternativen zum Lesen der Aktionärsbriefe

Auch bei den Aktionärsbriefen besteht das gleiche Problem, wie bei den Hauptversammlungen. Sie sind nur auf Englisch verfügbar. Zumindest ist es hier möglich, diese durch einen Übersetzer zu jagen, sollte man der englischen Sprache nicht in ausreichendem Maße mächtig zu sein. Empfehlen kann ich hier DeepL, auf deren Seite man sich auch ganze Dateien übersetzen lassen kann. Am Ende ist es aber leider trotzdem nur eine maschinelle Übersetzung, deren Ergebnis nicht unbedingt immer für vergnüglichen Lesespass sorgt. Aber auch hier gibt es glücklicherweise Abhilfe in Buchform in deutscher Sprache.

 

Lawrence A. Cunningham wurde von Buffett authorisiert, die Briefe fortdauernd zu veröffentlichen. Im Buch werden die Aktionärsbriefe von Berkshire Hathaway aufgearbeitet. Dabei werden diese allerdings nicht einfach nur abgedruckt, sondern nach Themen schematisch aufgearbeitet. Die Briefe werden damit zu einem Ganzen verwoben. Dies sorgt für einen Lesefluss, der in einem Guss die vollständige Beschreibung der buffettschen Unternehmens- und Investmentphilosophie darstellt. Dabei werden in den Fußnoten den Aussagen die jeweiligen Jahre der Aktionärsbriefe zugeordnet.

 

 

Das Buch liegt mittlerweile in einer fünften Überarbeitung vor. Immer wieder ergänzt werden Aussagen der neueren Briefe. In der aktuellsten Ausgabe aus dem Jahr 2018 werden die Aktionärsbriefe der Jahre 1979 bis einschließlich 2014 augearbeitet.

 

Was viele nicht wissen ist, dass Buffett bereits vor der Übernahme von Berkshire Hathaway 14 Jahre institutionelle Investmenterfahrung hatte. Er gründete eine Vielzahl von Partnerships und legte Geld für Familie und Freunde an. Begonnen hatte er damit im Jahr 1956 und mit 100 Dollar Eigenanteil. Während der Zeit der Partnerships verfasste er ebenfalls jährliche Briefe an seine Anteilseigner. Warum ist das interessant? Er war mit seinen Partnerships noch erfolgreicher als mit Berkshire Hathaway und erreichte durchschnittlich fast 30 % jährliche Rendite damit. Interessant ist, dass er die Partnerships Ende der 1960er Jahre auflöste, weil er der Ansicht war, aufgrund der gut gelaufenen Aktienmärkte keine ertragreichen Investments mehr zu finden.

 

 

 

Kern des Buchs von Jeremy Miller sind eben diese Partnership Letters von Buffett vor der Zeit von Berkshire Hathaway. Die Quintessenzen der Briefe sind im Buch lesenswert aufgearbeitet.

 

Auch wer kein Anhänger der Investmentphilosophie von Warren Buffett ist sollte sich zumindest grundsätzlich damit beschäftigt haben. Viele seiner Aussagen sind absolut zeitlos und helfen in stürmischen Marktphasen die Ruhe zu bewahren und sich auf das zu fokussieren, was wichtig ist: Nicht auf Aktien als ein tickerndes Symbol auf unseren Bildschirmen zu achten, sondern Aktien als Unternehmensbeteiligung zu sehen, die uns zu Miteigentümern einer Firma machen.

 

Was sind eure Gedanken zu dem Thema? Seid ihr auch jedes Jahr gespannt auf den aktuellen Aktionärsbrief oder glaubt ihr, dass die Zeit von Investoren à la Buffett zu Ende ist? Schreibt es gerne in die Kommentare.

 

 


Buchempfehlungen zu den Themen des Beitrags*

 

 


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