Bilanzfälschung bei Wirecard: Was lernen wir daraus?

Die Oppositionsparteien des deutschen Bundestags (AfD, FDP, Linkspartei und Grüne) haben sich für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den Skandalen um den Zahlungsabwickler Wirecard ausgesprochen.

Neben einer juristischen Prüfung der Vorwürfe gegen Wirecard soll damit auch eine politische Aufarbeitung stattfinden. Hierbei soll es unter anderem darum gehen, zu welchem Zeitpunkt der Bundesregierung welche Informationen vorlagen und der Frage, ob das Finanzministerium und die Finanzaufsicht BaFin Verfehlungen begangen haben.

 

Was passiert bei Wirecard?

 

Im Juni hatte Wirecard beim Amtsgericht München einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde Ende August eröffnet.

Der WDR und die Süddeutsche Zeitung (SZ) hatten nun die Möglichkeit, das nichtöffentliche Gutachten des Insolvenzverwalters Michael Jaffé einzusehen (den Bericht der Tagesschau hierzu findet ihr hier).

Während in den vergangenen Jahren seit 2015 jeweils steigende Gewinne vom Unternehmen in den Geschäftsberichten ausgewiesen wurden, wurde tatsächlich das jährliche Minus scheinbar immer größer. 2017 hatte das Unternehmen einen Gewinn von 260 Millionen Euro ausgewiesen, nach dem Bericht des Insolvenzverwalters wurde tatsächlich allerdings wohl ein Minus von 99 Millionen Euro erwirtschaftet. Diese Diskrepanz wurde in den Folgejahren noch größer. Für das Jahr 2019 liegt noch kein abschließender Geschäftsbericht vor, die Erwartungen lagen bei einem Gewinn von 510 Millionen Euro.

 

 

Eigener Fehler

Ich gebe es zu: Wie viele andere habe auch ich mich von den tollen Wachstumsraten des Unternehmens verleiten lassen. Allerdings habe ich das Geschäftsmodell nicht in seiner ganzen Tiefe verstanden.

Aus dem Geschäftsbericht 2018 von Wirecard lässt sich folgende Grafik entnehmen:

Quelle: Geschäftsbericht Wirecard (2018)

Zugegeben: Ein schönes Bild. Wie genau das Unternehmen sein Geld verdient (haben soll) war undurchsichtig. Das hängt unter anderem auch mit der Konzernstruktur zusammen.

 

Quelle: Wirecard Geschäftsbericht (2018)

 

Insgesamt umfasst das Konglomerat ein Konstrukt aus über 50 Tochterfirmen, die großteils als Servicegesellschaften fungieren. Gelder wurden wohl munter hin- und hergeschoben. Weltweit hat Wirecard 750 Konten betrieben.

Trotz allem hatte ich in Wirecard investiert. Das Ergebnis kennen wir alle. Trotzdem möchte ich auf diesem Blog auch transparent meine Fehler zeigen. Letztlich können wir so alle voneinander lernen.  Nachfolgend seht ihr den Verlauf meines Trade Republic – Depots. Gekauft hatte ich Anfang Mai zu Kursen über 80 Euro. Der Verkauf fand am 25.06. statt, zu einem Kurs von 3,07 Euro. Die Rendite betrug somit -96,4 %. Der bisher höchste Verlust meiner Investmentkarriere.

 

 

 


Kurzer Einschub (Anzeige):

Trade Republic kann ich als Broker guten Gewissens empfehlen. Seit neustem sind hier neben vielen ETFs auch 1.000 Aktien sparplanfähig. Das Ganze ist ab 10 Euro je Aktie möglich und kostenfrei. Falls du noch kein Depot bei Trade Republic hast, kannst du dir hier eines eröffnen.

Du unterstützt damit auch mich und meine Arbeit.


Was können wir daraus lernen?

Die wichtige Frage ist nun, welche Schlüsse ich aus diesem Investmentdebakel ziehe.

 

Geschäftsmodelle verstehen

Warren Buffett sagte vor lange Zeit bereits sinngemäß: Investiere nur in das, was du verstehst. Klipp und klar: Diesen Grundsatz habe ich beim Kauf von Wirecard missachtet.

Nun soll das nicht heißen, dass ich ab sofort nur noch Titel ins Depot lege, bei denen ich zu 100 % jedes Detail verstehe. Unter derartigen Maßstäben wird das Anlageuniversum nämlich schnell sehr klein für mich. Ich maße mir nicht an zu behaupten, dass ich Firmen bis in den letzten Winkel durchdringen kann.

So verstehe ich sehr gut, wie Amazon sein Geld verdient. Ich weiß auch, dass die ertragreichste Sparte momentan Amazon AWS ist und was dahintersteht. Allerdings bin ich kein IT-Fachmann, der die Finessen des Cloud-Computing bis in die Tiefe versteht. Das ist aber auch gar nicht notwendig. Wichtig ist, das Gesamtbild eines Unternehmens so gut es geht zu erfassen.

Auf das Rauschen achten

Wirecard war bereits im Jahr 2016 Ziel einer Shortattacke geworden. Auch damals gab es bereits einen Researchbericht, der von Betrugsvorwürfen sprach.

Die Financial Times (FN) hatte im Jahr 2015 erstmals negativ über Wirecard berichtet. Ab dem Jahr 2018 erschienen dann mehrere Artikel in der FN, in denen immer wieder neue Vorwürfe aufkamen.

Dies bedeutet nun natürlich nicht, dass Unternehmen mir schlechter Presse per se etwas zu verbergen hätten. Allerdings werde ich zukünftig besser auf derartiges „Rauschen“ achten.

Ich weiß, dass ich nichts weiß

Ein derartiger Fehlgriff macht demütig und erinnert mich wieder daran, dass ich eigentlich nichts weiß. Weder bin ich schlauer als die Masse, noch bin ich eine Investmentkoryphäe. Da ich mir dessen wieder einmal bewusstgeworden bin, komme ich automatisch zu Punkt 4.

Diversifizieren

Um noch einmal auf Warren Buffett zurückzukommen: Buffett ist ein Freund der Konzentration. Hat er ein Unternehmen ausfindig gemacht, von dem er total überzeugt ist, investiert er viel. Diversifizierung spielt für ihn nur eine untergeordnete Rolle.

Ich bin nicht Warren. Mit Blick zurück auf die Punkte 1. bis 3. ist Diversifikation essentiell in meinem Depot. So kann ich auch Totalverluste wie den mit Wirecard verschmerzen. Die Position war weniger als 0,5 % des Gesamtdepots. Insofern ist der Verlust sehr ärgerlich, aber nicht bedrohlich.

Was habt ihr für Lehren aus dem Wirecard-Skandal gezogen? Ich freue mich auf eure Kommentare.

 


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