Jumia Technologies: Das Amazon Afrikas oder alles heiße Luft?

Titelbild: Startseite von Jumia Nigeria

 

Der Online-Händler Jumia ist ausschließlich auf dem afrikanischen Kontinent tätig und könnte so als Pure-Play für ein Invest in Afrika bezeichnet werden. Im März 2018 bezeichnete die bekannte französische Tageszeitung Le Monde Jumia als das “neue afrikanische Amazon”. Im September des gleichen Jahres titelte CNN: “Jumia: das Alibaba von Afrika”. Durchaus starke Worte, für die es bis heute leider an starken fundamentalen Zahlen mangelt. Höchste Zeit also, das Unternehmen mal genauer unter die Lupe zu nehmen und zu fragen: Ist Jumia tatsächlich das Amazon Afrikas oder ist alles nur heiße Luft?

 

Jumia Technologies AG

 

Jumia Technologies AG
Onlinehändler
SitzBerlin, Deutschland
Marktkapitalisierung2,5 Milliarden Euro
Dividendenrendite
TickersymbolJMIA
WKNA2PGZM
Datum13.03.2021

 

Unternehmensgeschichte

Jumia wurde im Jahr 2012 gegründet, ist also noch ein relativ junges Unternehmen. Gründer waren die ehemaligen französischen McKinsey Berater Sacha Poignonnec und Jeremy Hodara, die dem Unternehmen auch heute noch vorstehen. Online-Shopping war zum damaligen Zeitpunkt auf dem afrikanischen Kontinent praktisch nicht existent. Ziel des neu gegründeten Unternehmens war es, dies zu ändern. Gestartet wurde in Nigeria, einem der wirtschaftlichen stärksten Länder Afrikas. Noch im Gründungsjahr wurden die Dienste auf die Länder Ägypten, Marokko und Südafrika ausgeweitet. Zwischenzeitlich ist Jumia in insgesamt 11 Ländern aktiv.

 

Quelle: Jumia Geschäftsbericht 2019

 

Nach eigenen Aussagen ist Jumia die führende panafrikanische E-Commerce-Plattform. Die Plattform besteht aus einem Marktplatz, der Verkäufer mit Verbrauchern verbindet, einem Logistikdienst, der den Versand und die Lieferung von Paketen von Verkäufern zu Verbrauchern ermöglicht, und einem Zahlungsdienst, der Transaktionen zwischen Teilnehmern erleichtert, die auf der Plattform von Jumia aktiv sind.

 

Im Jahr 2016 konnten die Gründer insgesamt 50 Millionen Dollar Risikokapital einzusammeln. Investoren waren unter anderem Goldman Sachs, der Versicherungsriese AXA, das südafrikanische Telekommunikationsunternehmen MTN-Group und die deutsche Start-Up-Schmiede der Samwer-Brüder Rocket Internet. Letztgenannte verkauften Anfang 2020 ihre Anteile am Unternehmen wieder. Im Jahr 2019 wurde Jumia zum ersten Unicorn Afrikas, erreichte also eine Bewertung von über einer Milliarde Dollar. Im April 2019 erfolgte das Börsendebüt an der NYSE, wobei Kapital in Höhe von 196 Millionen Dollar aufgenommen werden konnte.

 

Das Unternehmenskonstrukt von Jumia könnte man durchaus als sehr speziell bezeichnen. Die Jumia Technologies AG hat ihren Sitz in Berlin. Die AG dient allerdings lediglich als “Konzernobergesellschaft”, welche zentrale Aufgaben wie die Finanzierung der Konzerndienstleistungen und konzerninterne Dienstleistungen bereitstellt. Die tatsächlichen geschäftlichen Tätigkeiten werden ausschließlich von in Afrika angesiedelten Tochtergesellschaften durchgeführt. Ende des Jahres 2019 umfasste Jumia insgesamt 71 juristische Personen. Hinzu kommt, dass das Entwicklerteam von Jumia in Portugal sitzt. Einer der wichtigsten Stützpunkte des Unternehmens ist in Dubai beheimatet. Jumia selbst wirbt in seinem Pressekit mit dem Slogan “100 % Africa”. Die Tatsache, dass das Unternehmen von französischen CEO´s geführt wird, in Europa steuerpflichtig ist und die Entwicklung der Plattform ebenfalls in Europa erfolgt sorgt mitunter für Kritik, wenn die Klaviatur eines rein afrikanischen Unternehmens bespielt wird. Auch die FAZ nahm dieses Thema im Jahr 2019 bereits in einem Artikel auf.

 

Auch der Börsengang in New York ist nicht unbedingt leicht verständlich. Hinterlegt sind dort nämlich so genannte ADS, also American Depositary Shares. Dies sind auf US-Dollar ausgestellte Eigentumsanteile an einem nicht US-Unternehmen. Jumia gilt somit zwar als börsennotierte Aktiengesellschaft nach dem deutsche Aktiengesetz, ist aber in Ermangelung einer Notierung an einem Handelsplatz nach dem Wertpapierhandelsgesetz kein kapitalmarktorientiertes Unternehmen nach dem deutschen HGB. Meine Meinung dazu: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.

 

Im Jahr 2014 initiierte Jumia in Nigeria erstmals einen “Black Friday” mit speziellen Sonderangeboten, ähnlich dem Modell das Amazon jedes Jahr veranstaltet. Weitere bedeutende Meilensteine finden sich Homepage von Jumia.

 

In den ersten drei Tagen nach dem Börsengang im Jahr 2019, im übrigen war Jumia das erste afrikanische Unternehmen an der New Yorker Börse, verdreifachte sich der Kurs der Aktie um dann einen Monat später wieder um den Einstandskurs herum zu pendeln. Nach dem Hoch im April 2019 bei knapp 45 Euro begann der große Abverkauf der Aktie, das Tief wurde im Corona-Crash erreicht. Zeitweise lag der Aktienkurs bei nur noch 2,40 Euro, was einem Verlust vom Hoch von etwa 95 % entsprach.

 

Quelle: Traderfox

 

Als Grund für den Einbruch des Aktienkurses waren wahrscheinlich mehrere Faktoren maßgeblich. Für den ersten Rutsch sorgte ein Researchbericht des Shortsellers Citron Research. In diesem wurde Jumia vorgeworfen, bei der US-Börsenaufsicht SEC Falschangaben getätigt zu haben. So wären die Zahlen der aktiven Nutzer und Händler auf der Jumia-Plattform um bis zu 30 % geschönt. Darüber hinaus seien die Zahl der Stornierungen und Retouren deutlich höher als angenommen. Andrew Left, der Gründer von Citron hatte eine klare Meinung: “In 18 Jahren Publikationstätigkeit hat Citron noch nie einen so offensichtlichen Betrug wie bei Jumia erlebt”. Das Management wies den Bericht zunächst halbherzig zurück (einen Artikel dazu findet ihr hier). Der Aktienkurs halbierte sich als Reaktion auf den Bericht innerhalb weniger Tage. Jumia zahlte in der Folge eine Strafe in Höhe von 5 Millionen Dollar um den Streit über falsche Zahlen beizulegen.

 

Im August 2019 musste das Management schließlich zugeben, dass man in den Bilanzen fehlerhafte Buchungen gefunden habe. Es würde sich jedoch um Einzelfälle handeln und lediglich einen geringen Prozentsatz der ausgewiesenen Umsätze betreffen. Mehrere Mitarbeiter wurden daraufhin entlassen.

 

Ein weiteres großes Problem sind die vorliegenden Geschäftszahlen. Der Verlust beläuft sich in Summe auf etwa das Doppelte des Umsatzes. Nun ist es nicht unbedingt problematisch, wenn Unternehmen in ihren jungen Jahren nicht profitabel arbeiten. Allerdings sollte dann ein überdurchschnittliches Wachstum vorliegen. Jumia kann zumindest im Moment hiermit jedoch nicht dienen. Von 2019 auf 2020 ist der Umsatz dagegen sogar rückläufig. Dies hängt allerdings mit Änderungen am Geschäftsmodell zusammen, auf die wir weiter unten noch eingehen werden.

 

Quelle: Traderfox

 

Nachdem im März 2020 der Tiefpunkt beim Aktienkurs erreicht war, startete eine fulminante Rallye, die ihr vorläufiges Ende erst etwa ein Jahr später fand. Bis Februar 2021 stieg der Aktienkurs auf über 65 Dollar. Der Anstieg entsprach vom Tief einer Rendite von über 3.800 %. Ein Grund für die Rallye war unter anderem eine 180-Grad-Wendung von Citron Research. Andrew Left teilte mit, dass die Probleme bei Jumia nun ausgeräumt seien und er Bullish sei, was den Aktienkurs betrifft. Seine Shortposition hatte er in eine Longposition gewandelt. Als Kursziel gab er den Preis von 50 Dollar je Anteilsschein aus. Diese schnelle Wende von Left mutet zumindest seltsam an. Anfang 2021 war Citron Research auch maßgeblicher Akteur bei den Kurskapriolen rund um die amerikanischen Einzelhandelskette GameStop. Nachdem Citron hierbei massive Verluste vermelden musste wurde eine Strategiewechsel des Unternehmens bekannt gegeben. Citron wird nach über 20 Jahren künftig keine “Short Reports” mehr erstellen.

 

Im folgenden Abschnitt wollen wir uns nun anschauen, wie das Geschäftmodell von Jumia genau aussieht.

 

 

Das Geschäftsmodell

Wie bereits angesprochen, besteht die Plattform von Jumia aus einem Marktplatz, der Verkäufer mit Verbrauchern in Verbindung bringt, einem Logistikdienst, der den Versand und die Zustellung von Paketen von Verkäufern an Verbraucher ermöglicht, und einem Zahlungsdienst, der Transaktionen zwischen den auf der Plattform von Jumia aktiven Teilnehmern erleichtert. Jumia verfügt über eigene Logistikbetriebe für die Verpackung, die Versendung und die Zustellung von Waren. Darüber hinaus gehören zur Firmengruppe Plattformen für Dienstleistungen wie Reisebuchungen, Lebensmittellieferungen und darüber hinaus ein eigenes Kreditvergabeprogramm.

 

Jumias Gründer machten nie einen Hehl daraus, dass Amazon und Alibaba Vorbilder beim Start des eigenen Unternehmens waren. Mitunter wurde Jumia bereits vorgeworfen, einfach nur ein Amazon-Klon zu sein. Co-CEO Poignonnec weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass E-Commerce im Grunde immer das gleiche sei. Allerdings hat sein Unternehmen im Gegensatz zu den “großen Brüdern” mit wesentlichen Problemen vor allem im Bereich Logisitk zu kämpfen.

 

Jumia vereint unter einer Brand einen vollständigen Leistungskatalog von Bestellung, Lieferung und Bezahlung.

 

Quelle: Pressekit Jumia

 

Die Idee hinter Jumia ist durchaus spannend. E-Commerce Giganten wie Amazon in den USA und Europa, Alibaba in China oder MercadoLibre in Südamerika machen mit ihrem Geschäft haufenweise Geld. Keines dieser Unternehmen ist oder war allerdings auf dem afrikanischen Kontinent tätig. Immerhin leben dort über 1,3 Milliarden Menschen. Darüber hinaus ist Afrika derjenige Teil der Welt, in dem Onlinehandel bisher am geringsten ausgeprägt ist. Eine Marktlücke also, die Jumia versucht zu schließen.

 

Bisher konzentrierte sich das Unternehmen vor allem auf das Erstanbietergeschäft. Jumia kauft also Waren ein und verkauft sie über ihre Handelsplattform weiter. Wie beispielsweise bei Amazon war es bisher jedoch auch schon möglich, Drittverkäufe über die Plattform zu tätigen. Eine dritte Partei verkauft ihre Waren also über die Plattform von Jumia. Jumia selbst erhält hierfür Gebühren. Als klassische Drittanbieterplattformen gelten z.B. Ebay oder Etsy. Genau hierauf will sich Jumia in Zukunft konzentrieren. Das eher margenschwache Geschäft mit den Erstverkäufen soll sukzessive abgebaut werden, Zukünftig möchte man sich auf Drittverkäufe konzentrieren. Diese Neuausrichtung ist bereits in vollem Gange und hat dafür gesorgt, dass die Einnahmen aus Erstanbieterverkäufen in 2020 um über 40 % gesunken sind. Dies erklärt auch den bereits angesprochenen Umsatzverlust von 2019 auf 2020.

 

Dieser Schritt erscheint auch logisch, da Eigenverkäufe sehr zeit- und kostenintensiv sind. Mit der Fokussierung auf weiteres schnelleres Wachstum können so Gelder für andere Bereiche genutzt werden. Drittverkäufe sind darüber hinaus deutlich besser skalierbar, was die Margen verbessern sollte.

 

Auch wenn der Onlinehandel in Afrika noch unterentwickelt ist, erhöht sich dessen Akzeptanz von Jahr zu Jahr. So steigen sowohl die Bestellungen auf der Plattform von Jumia um etwa 10 % jährlich, die Zahl der aktiven Kunden hat von 2019 auf 2020 um 12 % zugelegt. Das Potenzial ist hier bei weitem nicht ausgeschöpft. Aus diesem Grund erachte ich das Vorgehen des Managements als richtig, die Plattform in immer weitere Teile des Kontinents auszurollen und so zum First Mover überall in Afrika zu werden. Der Anteil der Umsätze von Jumia aus Provisionen und Erfüllungsgebühren liegt mittlerweile bei über 70 %. Drittanbieter müssen einen vorab festgelegten Prozentsatz am Umsatz an Jumia abführen, für die Nutzung des Logistiknetzwerks fallen Erfüllungsgebühren an.

 

Eine der größten Herausforderungen für das Unternehmen stellt das Thema Logistik dar. Teilweise ist es in vielen afrikanischen Gegenden schwierig bis fast unmöglich, Waren bis an die Haustüre zuzustellen. Viele Straßen sind nicht beschriftet, teilweise gibt es nicht einmal ausgebaute Verkehrswege. Der Aufbau eines funktionierenden Logistiknetzwerks ist also sehr schwierig und kostenaufwändig. Helfen soll auch hier die Konzentration auf das Drittanbietergeschäft. Durch diesen Fokus steigt die Zahl der auf der Jumia-Plattform angebotenen Waren deutlich an, was im Umkehrschluss zu einer besseren Auslastung des Logistiknetzwerks führt und so besser finanziert werden kann.

 

Dem Haustürproblem versucht man entgegen zu treten, in dem mittlerweile mehr als 1.300 Pick-Up Stationen betrieben werden, die wiederum von über 20 Lagerhäusern quer über Afrika verteilt bedient werden. So können beispielsweise in Kiosken Pakete abgeholt oder abgegeben werden. 2019 wurden bereits mehr als 20 Millionen Pakete versandt. Der Logistik-Service wurde darüber hinaus auf Versender ausgeweitet, die unabhängig vom Angebot Jumias in Afrika Waren verkaufen. Das Unternehmen kann somit nicht nur als Online-Händler bzw. Plattformbetreiber bezeichnet werden, sondern ist gleichzeitig Logistikdienstleister.

 

Quelle: Pressekit Jumia

 

 

Der dritte große Bereich des Unternehmens ist JumiaPay. Auch hier ist die Firma aus meiner Sicht einen guten Weg gegangen. Der Großteil der afrikanischen Bevölkerung verfügt nicht über ein Bankkonto. Hier musste also eine Lösung geschaffen werden, die über die Jumia-Plattform erworbenen Artikel auch bezahlen zu können. Um dieses Problem zu lösen, wurde JumiaPay gegründet. Dieses Zahlungsnetzwerk wird gemeinsam mit dem Kreditkartenanbieter Mastercard betrieben, man hat hier also einen großen und erfahrenen Partner an der Seite. JumiaPay dient als mobile Brieftasche, mit der über Handy und Smartphone digitale Transaktionen ermöglicht werden. Ein durchaus kluger Schachzug, bildet sich in Afrika doch zum einen eine wachsende Mittelschicht heraus die mittlerweile etwa 300 Millionen Menschen umfasst, die für zunehmend hohe Wachstumsraten bei der mobilen Internetnutzung sorgt. Momentan dient die Zahlungslösung lediglich dazu, das Marktplatzgeschäft der Jumia-Plattform zu stärken, Gewinne werden hiermit keine erwirtschaftet. Schafft es das Unternehmen allerdings, die eigene Bezahllösung zum afrikanischen Standard zu machen, steckt hierin großes Potenzial. Die Wachstumsrate in diesem Geschäftssegment beträgt nach den letzten Quartalszahlen 30 %.  Allerdings ist in diesem Bereich die Konkurrenz wohl auch am größten. Vor allem in Nigeria gibt es einen großen Start-Up-Boom an digitalen Bezahllösungen.

 

JumiaPay erzielt zwar keine Gewinne, wächst aber stark. Quelle: Pressekit Jumia

 

 

Die Fundamentaldaten

Würde man seine Analyse rein auf die Fundamentaldaten des Unternehmens stützen, könnte es bezüglich einer möglichen Investition wahrscheinlich nur eine Antwort geben: Finger weg! Wie bereits beschrieben, liegt der Jahresverlust höher als der Jahresumsatz.

 

Insgesamt sind knapp 20 % der Aktien des Unternehmen an der Börse handelbar. Jumia hat seit seiner Gründung erhebliche Verluste erlitten und erwartet nach dem Geschäftsplan auch in den kommenden Jahren Verluste, wenn sie die notwendigen Investitionen für das Wachstum ihres Geschäfts und die Ausweitung ihrer geografischen Präsenzen vornimmt. Das Unternehmen wird daher auch weiterhin zusätzliche Mittel entweder von den Altaktionären oder von neuen Aktionären benötigen. Dies wird auch im Geschäftsbericht des Jahres 2019 deutlich gemacht. Zuletzt wurde im Dezember 2020 durch den Verkauf von etwa acht Millionen Aktien zu einem Durchschnittspreis von 30,50 Dollar eine Summe von 243 Millionen Dollar eingenommen.

 

Der Weg zur Profitabilität wird für das Unternehmen lang und beschwerlich werden. Ob das Ziel überhaupt erreicht werden kann wird von vielen Faktoren abhängig sein, die heute noch nicht in vollem Umfang absehbar sind.

 

Quelle: Unternehmenspräsentation Q4 2020

 

 

Risiken für das Unternehmen

Wie aus den bisherigen Ausführungen entnommen werden kann, birgt das Geschäft von Jumia eine nicht unerhebliche Zahl an Risiken. Auf die aus meiner Sicht vier größten davon möchte ich an dieser Stelle noch einmal gesondert eingehen.

 

Risiko 1: Erreichung von Profitabilität

Jumia wird im kommenden Jahr als Unternehmen 10 Jahre alt. Von der Profitabilität ist die Firma weiterhin weit entfernt. Aufgrund der besonderen Gegebenheiten auf dem afrikanischen Kontinent (schlechte Infrastruktur, Armut, politische Risiken) ist schwer absehbar, wann sich diese Situation ändern wird. Nicht alle Parameter können vom Unternehmen selbst kontrolliert bzw. gesteuert werden, was ein großes Risiko darstellen kann.

 

Sollte Jumia irgendwann an einen Punkt kommen, an dem es schwierig wird das erforderliche Kapital zu wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen zu beschaffen muss möglicherweise die Geschäftstätigkeit eingeschränkt werden.

 

Momentan sind große Ankeraktionäre an Bord, denen an einer erfolgreichen Entwicklung gelegen ist. Wie es auch laufen kann, hat allerdings das Jahr 2019 gezeigt. Nach schlechten Quartalszahlen hatte Rocket Internet, das Unternehmen der deutschen Samwer-Brüder seinen elf-prozentigen Anteil an Jumia veräußert. Ob nun eher schlechte Geschäftszahlen oder der geplante Rückzug der Berliner Beteiligungsfirma vom Börsenparkett letztlich den Ausschlag für den Ausstieg Rockets geführt hat, sei mal dahingestellt. Ein Ausstieg weiterer Großinvestoren könnte auf alle Fälle zu Problemen führen.

 

 

Risiko 2: Auswirkungen durch Epidemien wie COVID 19 oder andere Krankheiten

Die Corona-Pandemie schwebt weiterhin über uns. Auch auf das Geschäft von Jumia hatte diese deutliche Auswirkungen. So musste beispielsweise das firmeneigene Logistikzentrum in Südafrika vorübergehend stillgelegt werden. Viele lokale Verkäufer waren von Importschwierigkeiten betroffen. Darüber hinaus ist nicht klar, bis wann eine Eindämmung der Pandemie aufgrund vorherrschender hygienischer Schwierigkeiten und weiterer Faktoren erreicht werden kann.

 

 

Risiko 3: Politisches Umfeld

In bestimmten Regionen Afrikas kommt es immer wieder zu Phasen politischer Instabilität. Afrikanische Regierungen greifen häufiger in die Wirtschaft ein, was sich unter anderem durch Verstaatlichungen und Enteignungen, Preiskontrollen, Währungsabwertungen oder anderer Maßnahmen äußern kann. In einigen Ländern stellt Korruption ein großes Problem dar.

 

Jumia selbst ist durch die Verteilung des Geschäftsbetriebs auf insgesamt 11 afrikanische Länder überzeugt, eine übermäßige Konzentration von politischen Risiken vermeiden zu können. Unstrittig dürfte jedoch sein, dass die Risiken höher sind als in anderen Teilen der Welt.

 

 

Risiko 4: Verschärfter Wettbewerb

Der afrikanische Kontinent verfügt über einen adressierbaren Markt von über 1 Milliarde Menschen. Dies könnte in Zukunft zu einem verschärften Wettbewerb führen, wenn Branchengrößen wie beispielsweise Amazon oder Alibaba versuchen, ihre Geschäfte auf Afrika auszuweiten. Jumia selbst sieht Konkurrenz durch Transaktionen über andere Plattformen, beispielsweise über die Social-Media Kanäle wie Facebook oder Instagram. Durch die wachsende Mittelschicht muss damit gerechnet werden, dass andere Player auf den Märkten auftauchen werden, sei es durch Ausweitung des eigenen Geschäftsbetriebs oder über Kooperationen mit ansässigen Unternehmen.

 


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Fazit

Die größte Chance Jumias liegt aus meiner Sicht im noch nicht gehobenen Potenzial auf dem afrikanischen Kontinent. Mit einem adressierbaren Markt von über einer Milliarde Menschen kann hier in den nächsten Jahrzehnten großes Wachstum erreicht werden. Darüber hinaus ist das prognostizierte Bevölkerungswachstum in Afrika bis ins Jahr 2100 das mit Abstand größte für alle Kontinente der Erde.

 

Investiert man in das Unternehmen, muss man sich allerdings darüber im klaren sein, dass ein langer Weg vor einem liegt, bevor hier Früchte geerntet werden können. Aus meiner Sicht ist der derzeitige Weg Jumias, weg vom Erstanbietergeschäft hin zur Plattformtätigkeit klug durchdacht. Ob er letztlich zum gewünschten Erfolg führen wird ist allerdings nicht klar. Der Weg zum profitablen Unternehmen ist von Unwägbarkeiten gepflastert. Jumia gilt momentan als Pionier auf dem Gebiet des Onlinehandels auf dem afrikanischen Kontinent. Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass eine große Chance auf eine Monopolstellung besteht. Sobald absehbar sein wird, dass das Geschäftsmodell tragbar ist, wird aller Voraussicht nach ein harter Wettbewerb um Kunden und Marktanteile entstehen.

 

Die Volatilität des Aktienkurses zeigt, dass hier statt langfristigen Investoren eher Trader am Werk sind. Nach dem Hoch im Februar 2021 hat sich der Kurs innerhalb weniger Tage bereits wieder mehr als halbiert. Sollte man hier also investieren wollen, braucht man zum einen starke Nerven. Zum anderen würde ich warten, bis sich der Kurs auf einem annehmbaren Niveau bewegt. Ich selbst bin in das Unternehmen mit 100 Aktien investiert. Mein persönlicher Einstandswert beläuft sich auf 12,65 Euro. Dieser Kurs war für mich noch annehmbar, allerdings bereits am oberen Ende der Spanne, an dem ich einkaufen würde. Ich bin mir darüber im Klaren, dass hier ein Totalverlust durchaus im Bereich des möglichen ist. Deshalb würde ich die Position im Depot nicht zu hoch gewichten.

 

Ich würde mich freuen wenn ihr mir zum Artikel einen Kommentar hinterlasst? Hat euch die Analyse gefallen und wie ist eure Meinung zu Jumia?

 

 


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8 Gedanken zu „Jumia Technologies: Das Amazon Afrikas oder alles heiße Luft?

  1. Dividende-um-Dividende Antworten

    Hallo Ben,

    sehr ausführliche und ausgewogene Analyse von Jumia. Ich glaube, dass es bei diesen Wachstumsstories von enormen Vorteil ist, früh dabei zu sein, um herausragende Renditen erzielen zu können. Wenn man Kapital für solche Investitionen bereit stellen kann und dann gute “Zukkunftsunternehmen” herausfiltert, hat man die Chance auf Ten- oder Multibagger. Man muss halt noch den Ausstiegszeitpunkt treffen, um die Buchgewinne in die reale Welt zu transferieren. Wenn der Kurs nicht kontinuierlich nach oben geht, kann das schon mal schwierig werden.

    Ich sehe auch Chancen und Nachholpotenzial auf dem afrikanischen Kontinent, insbesondere im Bereich Digitalisierung, Online Shopping etc. Die Frage, die sich mir stellt ist die: Wird sich Amazon das entgehen lassen ? Wird Jumia als afrikanisches Unternehmen dort wahrgenommen und hat dadurch einen Vorteil? Schwer einzuschätzen. Die Tatsache, dass der Weg zur Profitabilität (nach 10jährigem Bestand des Unternehmens) noch weit zu sein scheint, lässt mich zumindest etwas vorsichtig werden. Hinzu kommt, dass ich die politischen Risiken (Instabilität) auf dem afrikanischen Kontinent nicht mag. Meine Erfahrungen mit Anleihen aus Südafrika sind da eher negativ.
    Aber alles in allem ein spannendes Thema und Unternehmen. Sehe ich auch als spekulative Beimischung.

    Viele Grüße,
    Susanne

    • Beamteninvestor Autor des BeitragsAntworten

      Hallo Susanne,

      vielen Dank für deinen Kommentar.

      Ich gebe dir da absolut recht. Ich kann mir vorstellen, dass Amazon und vor allem Alibaba hier sehr genau hinsehen. Sollte es zukünftig was zu holen geben, werden diese Unternehmen sicher ihren Anteil vom Kuchen haben wollen. Die Frage wird einfach sein, wie sehr sich Jumia bis dahin in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat. Ich hoffe hier vor allem auf den Bereich JumiaPay. Aber wie du sagst, mehr als eine spekulative Beimischung kann und darf es nicht sein.

      Viele Grüße,
      Ben

  2. Pingback:Jumia Technologies: Das Amazon Afrikas oder alles heiße Luft? – FinanzFeed

  3. bat.336 Antworten

    Hallo Ben!
    Jumia ist nichts für mich, dein Blog dafür umso mehr. Klasse Recherche und eine tolle Art zu schreiben.

    Grüße,
    Adrian

  4. Martin Feldmann Antworten

    Hallo Ben,
    Ein SUPER Beitrag! Vielen Dank.

    Hat mir sehr geholfen, meine Überlegungen / Einschätzungen bzgl. meines Jumia-Invests neu zu justieren.

    HG
    Martin

    • Beamteninvestor Autor des BeitragsAntworten

      Hallo Martin,

      freut mich, dass der Beitrag gefällt und weiterhilft.

      Viele Grüße,
      Ben

    • Verena Stump Antworten

      Lieben Dank für deine Analyse und die lässt meine nochmal überdenken. Ich will auf jeden Fall einsteigen aber beim Einstiegspreis hardere ich dann doch. Befürchte aktuell ist die Aktie einigen Tradern in die Hände gefallen und deshalb der Kurs auch so hoch… Aber das sie nochmal so fällt wie zu deinem Einstieg sehe ich leider auch nicht… Was wäre dennoch ein guter Einstieg…

      Bei Amazon und Alibaba habe ich die Hoffnung, dass die bereits aufgebauten Strukturen von Jumia ausreichend genug sind, sich dort nicht mehr auf den Markt drängen zu wollen.

      Mir gefällt das Video auf deren Seite, für Investoren, sehr. Das gibt einen guten Überblick was sie machen.

      Also eine kleine Position soll es sich in meinem Depot auf jeden Fall gemütlich machen….

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